STREHL
immer
mehr Hersteller und Astro Optik Hobby Prüfer
astronomischer
Optik sind zur Prüfung
und Zertifizierung deren Produkte mittels Laserinterferometrie
übergegangen. Die
Amateurastronomen werden heute beim Kauf hochwertiger Optik von
Herstellern und
Händlern mit PV- und rms-Werten, Definitionshelligkeiten,
Lambda
und Wellenfronten
konfrontiert.
Der Beitrag soll den interessierten Sternfreunden bei der
Interpretation von Angaben
zur Qualität astronomischer Optik helfen.
Die meisten Amateurastronomen nutzen zur Prüfung ihrer
Fernrohre
direkt die
Beobachtung am Himmel. Dabei liefern klassische Methoden wie Stern ,
Ronchi- oder Foucaulttest eine qualitative Aussage über die
optische
Abbildungsqualität, aber nicht den direkten Bezug zu den
Angaben
des Herstellers. Nur
selten haben Amateurastronomen die Möglichkeit, ihre Optik
unter
Laborbedingungen
zu testen, so daß sich auch klimatische Einflüsse
auf das
Prüfergebnis
auswirken können und man manchmal wochenlang auf gute
Wetterbedingungen warten muß.
Mit der Laserinterferometrie ist es heute möglich, frei von
subjektiven Einflüssen eines
Beobachters und unabhängig vom Wetter die Formgenauigkeiten
optischer Flächen
oder die Abbildungseigenschaften ganzer optischer Systeme zu bestimmen.
Für den
Prüf- und Meßservice benutze ich einen
Mini-Fizeau-Laserinterferometer,
dessen Grundprinzip die Überlagerung eines
Referenz-Strahlenbündels mit einem
durch den Prüfling
beeinflußten
Strahlenbündel ist. Aus
den dabei entstehenden
Interferenzmustern werden für den Prüfling die
Abweichungen
von einer
idealen Wellenfront (Referenz) ermittelt und als "Höhenkarte"
dargestellt.
Deren "Unebenheiten" sind ein Maß für die
Güte der
geprüften Optik.
Die Differenz zwischen höchstem und tiefstem Punkt der
Wellenfrontabweichung wird
als PV-Wert (peak to valley) bezeichnet. Er gibt den absolut
größten Fehler an. Da er
sich aber nur auf zwei markante Punkte der
Prüflingsoberfläche bezieht, sagt er noch
nichts über die Art
der Wellenfrontdeformation und auftretende
Abbildungsfehler aus.
Es wird deshalb die mittlere quadratische Abweichung (rms-Wert = root
mean square)
von einer idealen Wellenfront über alle Meßpunkte
berechnet.(Abb.11) Beide Werte
entsprechen sehr kleinen Längendifferenzen und werden in
Nanometern (1 nm =
0,000001 mm) oder in Bezug auf Lichtwellenlängen (l = Lambda)
angegeben.
(Maßeinheit Wellenlänge
Als Maßeinheit dient die Länge einer Lichtwelle. Das
Wahrnehmungsmaximum des Auges
liegt am Tag bei einer Wellenlänge
von ca. 560 nm (Nanometer) bzw. 5600
(Quecksilbergrün), was 560 millionstel Millimeter entspricht.
Eine
volle Wellenlänge mag in mm ausgedrückt sehr klein
aussehen.
Bei einem Spiegel wäre das bereits ein derber
Oberflächenfehler, den jeder mit seinen Augen sehen kann, bei
entsprechender Vergleichsmöglichkeit und ohne jegliches
Hilfsmittel. Normalerweise verwendet man Bruchteile (l/4) der
Wellenlänge, die auch als Dezimal-Anteil (0,25) dargestellt
werden
können. Besonders wissenschaftliche Anbieter verwenden den
griechischen Buchstaben Lambda (l) als Bezeichnung für das
Wort
Wellenlänge.
Beispiel: 1/4 Lambda = 1/4 l = l/4 = 1/4 Wellenlänge = 0,25
Wellenlängen = 0,25 l = 0,25 Lambda
Je nach Farbe sind Lichtwellen unterschiedlich lang. Lambda, l oder die
Wellenlänge hat keine bestimmte Länge, es kann also
eine
beliebig lange Lichtwelle als Messlatte hergenommen werden, mit
entsprechend schöner dargestellter
Oberflächengenauigkeit.
Beim Interferometer wird meist mit Helium-Neon Laser gearbeitet, d.h.
die Messlatte ist 6328 Angström bzw. 632 nm lang. Das Ergebnis
wird also um 12,5% besser dargestellt als mit 560 nm. Dem Anbieter
stellt sich hier die Frage, weshalb ein wissenschaftlich korrekt
erstelltes Testprotokoll um 12,5% gekürzt werden sollte, um
mit
der Darstellungsform von Daumen mal Auge Messungen gleichzuziehen. )
Ein weiteres wichtiges Ergebnis der laserinterferometrischen Messung
ist die Strehlsche
Definitionshelligkeit (auch nur "Strehl" genannt) welche aus dem
rms-Wert
errechnet wird. Sie ist definiert als das Verhältnis der
Maximalintensität im zentralen
Beugungsscheibchen der realen Abbildung eines punktförmigen
Objekts zu
der Intensität, die in einer absolut fehlerfreien Optik bei
gleicher Öffnung und
Wellenlänge theoretisch dort erreichbar wäre. Da in
der
Praxis kein optisches System
absolut fehlerfrei ist, wird dieses Verhältnis immer kleiner
als
Eins sein (bzw. < 100%
bei Prozentangabe). Die Definitionshelligkeit ist nur von der
Abbildungsqualität
abhängig und nicht - wie fälschlich manchmal
angenommen - von
Reflexions- oder
Transmissionseigenschaften einer Optik.
PV- und rms-Wert sowie Definitionshelligkeit liefern immer den Bezug zum
theoretischen Leistungsvermögen astronomischer Optik und
eignen
sich deshalb zur
Spezifikation und zum Nachweis der Qualität. Wenn die
Optikhersteller einen dieser
Werte garantieren, läßt sich das durch eine
Prüfung mit
Laserinterferometrie
kontrollieren.
Allgemein wird von beugungsbegrenzter Optik ab 80%
Definitionshelligkeit (bzw.
Strehl = 0,8) gesprochen , das entspricht für l=550 nm einem
rms-Wert der
Wellenfront von l/14 (Marechal-Kriterium) und bei reinen
sphärischen Öffnungsfehlern
einem PV-Wert von l/4 (Rayleigh-Kriterium). Umgerechnet auf die
Prüfwellenlänge
l=632,6 nm ergeben sich rms=39,3 nm etwa l/16 und PV=137,5 nm etwa
l/4,6. Nicht
immer ist diese Beugungsgrenze Bedingung für gute Optik, da
hier
die Art der
Anwendung des Fernrohrs und die Ansprüche der Nutzer eine
wesentliche Rolle spielen.
Wie gut sollte astronomische Optik sein? Diese Frage
läßt
sich nicht für alle optischen
Systeme mit der gleichen Definitionshelligkeit, dem gleichen PV- oder
RMS-Wert
beantworten, sondern Größe und Bauart des Fernrohrs
sowie
die Haupteinsatzgebiete
müssen berücksichtigt werden. Jedes Teleskop wird
durch die
Brennweite seines
optischen Systems und die Größe der freien
Öffnung
(sog. Eintrittspupille)
charakterisiert. Durchmesser und Form der Eintrittspupille bestimmen
das im Fokus
entstehende Beugungsbild eines punktförmigen Objekts und damit
auch das
Auflösungsvermögen . Die Brennweite ist
verantwortlich
für die erreichbaren
Vergrößerungen bzw. den linearen
Abbildungsmaßstab,
mit dem Objekte in der
Fokalebene des Fernrohrs abgebildet werden.
Proportional zum Objektivdurchmesser wächst das theoretische
Auflösungsvermögen,
wobei uns die Erdatmosphäre bei etwa 0,2" eine Grenze setzt.
In
unseren Breiten und in
Stadtnähe ist die Luftunruhe ("Seeing") selten besser als
0,5",
sie beträgt meist sogar
mehrere Winkelsekunden. Für große Teleskope (D
> 0,5 m)
erreicht man mit
beugungsbegrenzter Optik bereits ein
Auflösungsvermögen, das
den besten
atmosphärischen Bedingungen entspricht. Dagegen
können sehr
kurzbrennweitige,
kleine Systeme wie Fotoobjektive nur im Bereich von mehreren
Winkelsekunden
auflösen. Rechnet man das jedoch um in ein lineares
Auflösungsvermögen in der
Fokalebene, so können hochempfindliche Filme mit 10 bis 20
æm K"rnigkeit diese
feinen Details nicht mehr unterscheiden. Damit ist sowohl für
große Teleskope (D > 0,5
m) wie auch für Fotooptik die Forderung nach dem theoretischen
Auflösungsvermögen
überspitzt, da sie keinen praktischen Nsbesutzen bringt.
Dazwischen
gibt es Teleskopoptiken
mit 60 mm bis 300 mm Durchmesser, die tatsächlich bis an ihre
theoretischen Grenzen
genutzt werden können. Gerade diese Geräte werden von
Amateurastronomen benutzt.
Hier kommt es besonders auf die optische Qualität an, man
sollte
deshalb dafür
beugungsbegrenzte Optik mit mehr als 80% Definitionshelligkeit fordern.
Für die Praxis ist es wichtig, aus den ermittelten
Wellenfrontabweichungen die sog.
Punktbildverwaschungsfunktion (PSF) zu bestimmen. Unter
Berücksichtigung von
Durchmesser und Form der Eintrittspupille sowie der Brennweite des
Teleskops wird
rechnerisch ein "Sterntest" simuliert. Bei beugungsbegrenztem
Fernrohrobjektiv sieht
man typischerweise das zentrale Beugungsscheibchen, umgeben von mehreren
Beugungsringen geringerer Intensität. Es lassen sich weitere
Auswertungen
durchführen, z. B. die Berechnung von
Kontrastübertragungs-
und
Linienauflösungsvermögen. Auch Messungen
außerhalb der
optischen Achse im
Gesichtsfeld eines Teleskops (z. B. Kleinbildformat) oder sogar
Justierung optischer
Systeme anhand gemessener Daten sind möglich.
Die Laserinterferometrie bietet Amateurastronomen die
Möglichkeit,
ihre Optik frei
von subjektiven Beobachtereinflüssen und Wetter
unabhängig
prüfen zu lassen. So kann
man sich schnell und unkompliziert der versprochenen
Optikqualität
eines neu
erworbenen Teleskops innerhalb der Garantiezeit versichern.
Für
diejenigen, die genau
wissen wollen, was ihr Teleskop unter optimalen Bedingungen leisten
kann, sind
ausführliche Messungen und Auswertungen auf der optischen
Achse
und im
Gesichtsfeld interessant. In Kombination dazu kann der Justierzustand
des Fernrohrs
optimiert werden, um das optische Leistungsvermögen voll
auszunutzen.